Staatsausgaben: Öffentliche Ausgaben

Staatsausgaben: Öffentliche Ausgaben
Staatsausgaben: Öffentliche Ausgaben
 
1997 hat der öffentliche Sektor in Deutschland insgesamt Ausgaben im Volumen von rund 1,8 Billionen DM getätigt. Das entspricht einem Anteil am BIP in Höhe von knapp 49 %. Mit diesen Ausgaben erfüllt der öffentliche Sektor wichtige Aufgaben: Er stellt öffentliche Güter bereit, die am Markt von privaten Unternehmen nicht bereitgestellt werden können. Er korrigiert durch Transfers die Verteilungsergebnisse des marktwirtschaftlichen Prozesses, um die politischen Vorstellungen von einer gerechten Verteilung umzusetzen. Schließlich werden mit der Gestaltung der Staatsausgaben auch stabilisierungspolitische Zielsetzungen verfolgt.
 
 Gliederung der öffentlichen Ausgaben
 
Die öffentlichen Ausgaben lassen sich nach verschiedenen Kriterien aufgliedern. In der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung wird zwischen Staatsverbrauch, Investitionen, Übertragungen und Zinsen unterschieden. Der Staatsverbrauch umfasst Ausgaben für Personal und Sachaufwand, die zur Erstellung von Verwaltungsleistungen angefallen sind. Als öffentliche Investitionen werden v. a. öffentliche Baumaßnahmen (Schulen, Straßen, Brücken) verbucht. Zu den Übertragungen zählen Einkommensübertragungen (Subventionen an Unternehmen und Transfers an private Haushalte, z. B. Rentenzahlungen oder Sozialhilfe) und Vermögensübertragungen. Wichtig ist auch die Gliederung der gesamten öffentlichen Ausgaben nach Körperschaftsgruppen. Hier sind v. a. die Gebietskörperschaften (Bund, Länder und Gemeinden) von den Trägern der Sozialversicherung (z. B. Rentenversicherung, Bundesanstalt für Arbeit, gesetzliche Kranken- und Unfallversicherung) zu unterscheiden. Diese Differenzierung ist deshalb von Bedeutung, weil sich die Art der Ausgaben dieser beiden Gruppen grundlegend unterscheidet. Während die Ausgaben der Gebietskörperschaften v. a. der Finanzierung öffentlicher Güter dienen, wickeln die Sozialversicherungen überwiegend individuell zurechenbare Leistungen im Rahmen von Versicherungsverhältnissen ab. Schließlich lassen sich die Ausgaben der öffentlichen Haushalte auch nach Verwaltungsressorts (Ministerialprinzip) und nach Aufgabenbereichen aufspalten (Funktionalprinzip). Auffallend ist insgesamt das rasante Wachstum der Staatsausgaben.
 
 Öffentliche Auftragsvergabe
 
Der Staat ist aufgrund seines Ausgabevolumens ein wichtiger Nachfrager am Markt. Für die gesamte EU schätzt die Europäische Kommission den Anteil der vom öffentlichen Sektor nachgefragten Güter und Dienstleistungen am BIP auf etwa 12 %. Angesichts dieser Bedeutung kommt der Ausgestaltung der öffentlichen Auftragsvergabe eine wichtige Bedeutung zu. Ziel der öffentlichen Auftragsvergabe muss es sein, die für die Produktion der öffentlichen Güter notwendigen Vorprodukte zu geringstmöglichen Kosten zu erwerben. Drei Arten der Auftragsvergabe (Verdingung, Submission) sind zu unterscheiden: Bei der öffentlichen Ausschreibung wird ein Beschaffungsvorhaben öffentlich bekannt gemacht und jedes Unternehmen kann ein Angebot vorlegen. Bei der beschränkten Ausschreibung wird nur ein begrenzter Kreis von potenziellen Anbietern zur Abgabe eines Gebots aufgefordert. Bei der freihändigen Vergabe entscheidet der Auftraggeber ohne formelles Verfahren nach behördlichem Ermessen über die Auftragsvergabe.
 
Die öffentliche Ausschreibung bietet am ehesten Gewähr dafür, dass der Wettbewerb der Bieter den Angebotspreis drückt. Allerdings kann hier das Problem auftreten, dass stets das Unternehmen den Zuschlag erhält, welches die Kosten eines Vorhabens unterschätzt und das Projekt daher nur mit Verlust abwickeln kann (»Fluch des Gewinners«). Sehr häufig greift die öffentliche Verwaltung zur beschränkten Ausschreibung oder der freihändigen Vergabe. Diese Verfahren sind dann angeraten, wenn eine außerordentliche Zuverlässigkeit des Lieferanten notwendig ist oder ein besonderer Zeitdruck besteht. Allerdings wächst bei den weniger transparenten Verfahren die Gefahr von überhöhten Preisen durch Absprachen oder Kartellbildung und Korruption (z. B. Bestechung von Beamten). Unter Anreizaspekten ist bei der Auftragsvergabe die Vertragsausgestaltung wichtig. Vereinbarungen von Festpreisen (das Entgelt für eine Lieferung wird vorher fest vereinbart) sind bei längerfristigen Projekten (z. B. Rüstungsvorhaben) kaum zu realisieren, weil über viele Jahre die Kostenrisiken des Anbieters nicht kalkulierbar sind. Aus diesem Grunde werden oft Selbstkostenpreise vereinbart (der Preis orientiert sich an den tatsächlichen Kosten des Lieferanten). Bei dieser Konstruktion gehen allerdings Anreize zur Kostensenkung verloren.
 
Die öffentliche Auftragsvergabe in Deutschland unterliegt inzwischen europarechtlichen Vorgaben. Im Rahmen der Vollendung des Binnenmarkts wurden die Vorschriften über die Vergabe öffentlicher Aufträge mit dem Ziel verschärft, eine Benachteiligung von Anbietern aus dem EU-Ausland zu unterbinden. So ist bei der öffentlichen Auftragsvergabe ab bestimmten Schwellenwerten eine europaweite Ausschreibung vorgeschrieben.

Universal-Lexikon. 2012.

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